Clemens Heinl - Baden gehen
Badende waren ein beliebtes Sujet der Klassischen Moderne. Maler wie Cézanne oder Matisse und Bildhauer wie Maillol erprobten ihren jeweiligen Stil am weiblichen Akt, ohne auf mythologische bzw. historische Stoffe Rücksicht nehmen zu müssen.
Nachdem es in der Kunst Jahrzehnte lang kaum noch eine Rolle gespielt hatte, verpasst Clemens Heinl dem Thema eine zeitgemäße Rundumerneuerung. Bei ihm geht es nicht mehr um den männlichen Blick auf die Frau. Vielmehr zeigt er jenes zutiefst Menschliche, das sich offenbart, wenn wir unsere Kleider am Beckenrand zurücklassen.
Seine Badenden platziert der Bildhauer nicht allein statuarisch im Raum. Er lässt sie eintauchen in einen imaginären Swimmingpool oder schwerelos an der Decke floaten. Auch in Heinls buntfarbigen Holzreliefs verschwimmen die Grenzen zwischen Bild und Skulptur zusehends. Hintergründig wie sein raues, zugleich emotional berührendes Menschenbild, präsentiert der Künstler den Titel seiner Ausstellung. „Baden gehen“ darf auch ironisch-kritisch verstanden werden in einer Epoche krasser Parallelwelten. Während arglose Touristen am Strand im Luxus schwelgen, müssen andere ums nackte Überleben strampeln.
Harald Tesan